Hausverbot für Partie gegen Roter Stern II: Darf ein verurteilter Gewalttäter Fußball spielen?

Nach Verhandlungen mit Roter Stern Leipzig lässt der SV Thekla einen seiner Spieler für eine Partie nicht auf das Vereinsgelände. Dabei geht es auch um die Frage, wie Verband und Vereine mit verurteilten Gewalttätern umgehen.

Leipzig. Nein, die für Sonntag geplante Begegnung zwischen dem SV Leipzig-Thekla und Roter Stern Leipzig II ist kein gewöhnliches Spiel der 9. Fußball-Liga. Die Gäste wollen nur antreten, wenn die Hausherren einen ihrer Spieler für diese Partie komplett vom Sportgelände verbannen. Der Hintergrund dieses Vorgehens stellt Verband und Vereine vor eine Grundsatzfrage.

Für Thekla läuft Ronny T. auf. Ein mehrfach verurteilter Straftäter, der unter anderem bei den Neonazi-Angriffen auf Connewitz im Jahr 2016 dabei war. Dafür erhielt er vor zwei Jahren eine Bewährungsstrafe. Vier Straftaten binnen drei Jahren liegen gegen T. vor, darunter gefährliche Körperverletzung und Verstoß gegen das Sprengstoffgesetz. Darf so einer Fußball spielen – in einer Liga unter dem Banner des DFB, der sich gern so vehement wie öffentlichkeitswirksam gegen Gewalt, Rassismus und Diskriminierung ausspricht?

Urteil macht Vereins-Ausschluss möglich

„Wir sprechen Ronny T. die Befähigung zum sportlichen Wettkampf ab. Er kann Werte wie Fairness und Respekt nicht teilen und leben“, sagt Conrad Lippert, Sprecher des Roten Stern und ergänzt: „Uns fehlen die Zwangsmittel, deshalb setzen wir auf Verhandlungen. Ein Weg, auf dem alle Beteiligten bislang erfolgreich waren.“ Vom SV Leipzig-Thekla heißt es zum Thema gegenüber der LVZ: „Wir wollen einfach nur Fußball spielen und die Politik außen vor lassen.“ Und der verantwortliche Stadtklasse-Staffelleiter Steffen Lindner wirkt ein wenig ratlos, wenn er sagt: „T. hat ein gültiges Spielrecht vom Sächsischen Fußball-Verband. Wir haben keine Handhabe, ihn zu sperren oder ähnliches.“

Darüber ließe sich zumindest streiten. Ein richtungsweisendes Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom Februar 2023 ermöglicht Sportvereinen, Mitglieder auszuschließen (auch der Verband ist juristisch gesehen ein Verein), wenn sie der Satzung entgegentreten. Im konkreten Fall war ein NPD-Mitglied ausgeschlossen worden, nachdem der Verein seine Satzung so angepasst hatte, dass Mitglieder extremistischer Organisationen nicht Vereinsmitglieder sein können.

„Wollen das sauber über die Bühne bringen“

Was das für die Partie am kommenden Sonntag bedeutet? Nach Verhandlungen mit Roter Stern lässt der SV Thekla T. für die Partie nicht auf das Vereinsgelände. „Wir wollen das einfach nur sauber über die Bühne bringen und werden uns an die Vorgaben halten“, sagt ein Vereinsverantwortlicher, der namentlich nicht genannt werden will. Lippert entgegnet: „Wir werden sie an der Praxis messen. Grundsätzlich finde ich es gut, dass der SV Thekla sich für das Spiel so entschieden hat. Es wäre nur schön, wenn er das uns gegenüber auch verschriftlichen würde.“ Denn eine offizielle Reaktion des Vereins auf ihr Ansinnen hätten die Sterne nicht erhalten.

Lipperts Skepsis kommt nicht von ungefähr. Beim Gastspiel der Sterne-Reserve Anfang 2022 sollte T. ebenfalls nicht vor Ort sein, dann tauchte er doch im Publikum auf – und die Gäste verließen den Platz. „Wenn dann so etwas passiert, brauchst du im Vorfeld auch nicht verhandeln“, sagt Lippert und ergänzt: „Das Team wird das wieder so machen, falls nötig. Die entsprechende Strafe würden wir als Verein mit Lust bezahlen.“

Verband schickt Spielbeobachter

Offiziell würde solch ein Abgang als Nichtantritt gewertet. Bei einem erstmaligen Vergehen dieser Art sind in der Stadtklasse 150 Euro Strafe plus 20 Euro Verfahrensgebühren fällig. Auch die Punkte blieben in Thekla. Roter Stern II braucht rein sportlich betrachtet als derzeit Zwölfter jeden Zähler im Kampf gegen den Abstieg. Das ist der Mannschaft in diesem Fall offensichtlich herzlich egal.

Ronny T. ist an diesem Sonntag übrigens wegen seiner zehnten Gelben Karte gesperrt und darf ohnehin nicht spielen. Bleibt die große Frage, ob er dem Geschehen diesmal komplett aus dem Weg geht oder sich doch wieder unter die Zuschauer mischt. Der Verband schickt Spielbeobachter, um sich vor Ort ein Bild zu machen. „Bisher ist es immer ruhig geblieben“, sagt Staffelleiter Lindner. Das gelte auch für die Heimspiele von Roter Stern II gegen Thekla. Auf die sportliche Reise gen Süden verzichtet T. übrigens regelmäßig freiwillig.